Sonntag, 27. Dezember 2009

Tod in Südafrika

Am Freitag den 18. Dezember verstarb Onkel Mpho. Noch am Vormittag hatte er mit seinem Cousin im Garten einige Häuser weiter gearbeitet und als er sich dann nach dem Mittagessen vom Stuhl erheben wollte, kippte er nach hinten weg und schlug mit dem Kopf an die Wand. Zuerst bewusstlos, dann mit Krämpfen auf dem Boden windend und dann „schlafend“ wurden Mmama und ich erst am Abend benachrichtigt, wir sollten den Onkel doch bitte nach Hause bringen.

Als ich am Ort des Geschehens ankam, ahnte ich sofort das Schlimmste. Auch wenn die alten Damen noch um ihn rum saßen, ihn befühlten und sich unentwegt zuriefen, er sei doch noch warm. Es war zu spät. Da Mmama wusste, dass man ihr nicht glauben würde, wenn sie die Wahrheit über Mphos Zustand erklärte, holte sie eine Nachbarin hinzu, ihres Zeichens Krankenschwester und ließ diese den unruhigen Anwesenden die Nachricht übermitteln. Der Schock war allen ins Gesicht geschrieben und keiner wollte es wirklich wahrhaben. Ich wurde mit Phenyo nach Hause geschickt und war somit diejenige, die es Yvonne sagen musste.

Der Abend war ziemlich schrecklich, da alle paralysiert waren, gleichzeitig aber die Dokumente und der Leichenwagen organisiert werden mussten, um den Onkel in die „moshery“ zu bringen. Alle Verwandten und Freunde wurden angerufen, Nachbarn informiert und die meisten beschuldigten uns noch eines schlechten Scherzes: Onkel Mpho – der verrückte, witzige alte Mann, der einfach immer zugegen gewesen war und schon jeden Mal zum Lachen gebracht hatte. Nun war er einfach gegangen.

Am Samstag standen alle sehr früh auf, denn es gab einiges vorzubereiten. Ich war von 9- 12 Uhr zur Arbeit im Y- Centre, da es der letzte Tag unseres Workshops war und wir unsere Abschlusssendung hatten. Anschließend ging ich direkt heim, um mit anzupacken: Die gesamte Bekleidung Mphos, alle Bettücher und Vorhänge wurde gewaschen, das Zimmer des Verstorbenen wurde bis aufs Bett und eine Kommode leer geräumt, die Zimmerwände ausgebessert und der Boden gefegt. Hier in Südafrika ist es Brauch, dass die „Hausmutter“ – hier Koko Nnoy - vom Tage des Todes bis ungefähr 2 Wochen danach auf einer Matte im Zimmer des Verstorbenen schläft, eventuell mit zwei bis drei ihrer Schwestern oder Cousinen, die über diesen Zeitraum dann dort wohnen. Den ganzen Tag und die ganze Nacht muss ein Licht den Raum erhellen, gleich ob Glühbirne oder Kerze.

Neben diesen häuslichen Vorbereitungen gab es allerdings auch einige Gäste zu bedienen, denn vom Tage des Todes an kommen jeden Tag Besucher, um mit den Hinterbliebenen zu trauern. Man kann sich jetzt darüber streiten, was trauern ist. Hier sieht das so aus, dass vom frühen Morgen bis späten Abend Männer und Frauen voneinander getrennt im Garten im Schatten sitzen, Tee trinken, Kekse essen, zu Mittag essen, zu Abend essen und sich unterhalten. Das bedeutete für mich Kekse backen, Tee kochen, die Herren bedienen, Kekse backen, abwaschen, Tee kochen, die Damen bedienen, abwaschen, Tee kochen,… Auch wenn es zum Servieren des Essens kommt, müssen immer die Herren zuerst bedient werden, dann kommen die Damen. Fragen hierüber sind überflüssig – Tradition.

Am Abend waren wir alle dann ziemlich erschöpft und ich ging früh schlafen.

Der Sonntag verlief ähnlich, ein Gastbruder und anderer Onkel strichen das Haus neu, das Zelt wurde im Vorgarten aufgestellt, die Kochstelle aufgebaut, der Rasen gemäht. Gegen 13 Uhr nach der Messe kamen dann die Kirchenmitglieder vorbei, es wurde ein kurzer Gottesdienst im Hause am Zimmer des Toten gehalten, gesungen und gebetet. Anschließend wieder Kekse angeboten und Fruchtsaft ausgeschenkt.

So ähnlich verging auch der Montag, außer, dass abends einige Freunde vorbeikamen und mich mit zu Madalas zum Braai nahmen. Das tat wirklich gut, da die Stimmung bei uns natürlich schon relativ gespannt und bedrückend war. Nur zwei Stunden draußen zu sein, laut lachen und Späße machen zu können, war sehr befreiend.

Am Dienstag nahm mich Mmama dann mit, um die Einkäufe für Mittwochnacht und Donnerstag zu unternehmen, auch weil alle meinten, ich arbeite ansonsten zu viel im Hause. So fuhren wir mit Thabo nach Rustenburg und machten Großeinkauf in einem Supermarkt, der voll mit Chinesen und anderen Shopbesitzern ist. (Denn die meisten lokalen Shops werden von Chinesen geführt. Aus irgendwelchen Gründen gehen die von Südafrikanern geleiteten Läden fast immer bankrott.) Es war rappelvoll sowie die gesamte Stadt kurz vor Weihnachten und ich kam mir mit unserem Rieseneinkaufswagen vor, wie beim Autoskooter. Als wir nachmittags zurückkamen, war erstmal ein langes, kühles Bad angesagt und dann versuchte ich etwas zu entspannen.

Mittwoch in der früh weckte ich Lucky auf, um für 7 Uhr bereit zum Aufbruch zu sein. Wir fingen ein Taxi in die Stadt (to fetch a taxi to town) und gingen dort auf Kleider-, Schuh- und Accessoires- Jagd. Trotz der frühen Stunde war es brütend heiß und wir waren mehr als erschöpft, als wir kurz nach 1 wieder daheim ankamen. In der Zwischenzeit war schon mehr Verwandtschaft aus dem Lande angerückt, denn die Nacht vor der Beerdigung gehört hier ganz essenziell mit zur Zeremonie dazu.

Um 18 Uhr war es dann soweit: Der Sarg wurde von der „moshery“ mit dem Leichenwagen zum Hause des Verstorbenen gebracht. Alle Trauergäste bildeten einen Pfad, inmitten dessen der Sarg bis zu Mphos Zimmer getragen wurde. Dort hatten sich inzwischen Koko Nnoy, die beiden Cousinen, Yvonne, Phenyo, Refilwe, Karabo und auch ich (somit ein Teil der Familie!) auf Mphos Bett zusammengefunden. Es hätte hochspirituell sein können, doch das Quietschen der Trage, das Keuchen der Männer, der immer wieder zusammenklappende Aufstellvorhang, das alles machte die Situation doch etwas skurril. Und trotzdem überkam mich ein Schauer, als ich dann an den Sarg geholt wurde und den in weiße Tücher gehüllten Mpho durch das Glas sah. Es war das erste Mal, dass ich einen Toten so gesehen habe.

Die Kleinen waren ziemlich aufgewühlt, Karabo hatte einen heftigen Weinkrampf und wir gingen mit ihnen raus, um sie zu beruhigen. Aber auch ich musste mich dann erst einmal etwas apart setzen, um Durchzuatmen und das Gesehene zu verarbeiten.

Inzwischen hatten Damen von der „society“ und andere Freunde begonnen, mehr Kekse zu backen, Karotten und Kartoffeln zu schälen, Tomaten zu reiben, Zwiebeln zu häuten, das Fleisch zu marinieren und überhaupt alle Zutaten für den kommenden Tag vor- und zuzubereiten. Den Rest der Nacht verbrachten wir draußen, die Männer mit ihren Getränken, die Frauen am Arbeiten und die Jüngeren (also meine Gastbrüder, Freunde von uns und ich) zusammensitzend. Nur gegen 3 Uhr entschied ich, mich für zwei Stunden hinzulegen. Um 5 ging ich ins Bad, zog mich um und war dann um 6 Uhr bereit für die Beerdigung.

Es gibt für solche Anlässe hier ganz bestimmte Kleidungsrichtlinien: So müssen die Männer neben Hose und Hemd auf jeden Fall ein Jackett tragen und die Frauen müssen Schultern, Knie und ihren Kopf bedecken. Die Farbauswahl der Bekleidung steht aber jedem ganz frei, es muss gar nicht schwarz sein.

Bis 7 Uhr kamen weitere Trauergäste aus ganz Luka und Umgebung dazu und unter dem Zelt im Vorgarten begann der Totengottesdienst. Es wurde wieder gesungen, gebetet, zwei Reden gehalten und die Grüße oder Wünsche der Familie an den Verstorbenen vorgelesen. Mit dem Kirchenlied „He is going home to die no more“ zog die ganze Trauergemeinde singend hinter dem Leichenwagen her bis zum Friedhof ans Grab. Die Familienmitglieder setzten sich unter das weinrote Zelt und alle anderen standen im großen Kreis um das Grab herum. Wieder wurden Worte vom Pfarrer verlesen, wir beteten und sangen und dann wurde der Sarg langsam hinabgelassen. Alle Männer, die sich dazu in der Lage fühlten, stellten sich in einer Schlange hinter das offene Grab und begannen der Reihe nach die Öffnung mit dem rotbraunen Sand zuzuschaufeln. Ob der Trockenheit staubte es unheimlich und wir mussten unsere Tücher vor Nase und Mund halten. Dann wurden Blumen und ein mit Mphos Namen versehenes Holzscheit auf das Grab gesteckt und wir traten den Rückweg an.

Die zurückgebliebenen Helferinnen hatten schon alles vorbereitet und an den beiden Eingangstüren zum Garten befanden sich mit Seife und grünen Paprikastückchen versehene Wassereimer, um sich die Hände zu reinigen. Wieder geschlechtergetrennt stellten sich die Gäste für das Totenmahl an und verteilten sich dann auf den Stühlen und anderen Sitzmöglichkeiten.

Am Nachmittag ging ich für einige Stunden mit Freunden zu Oupa nach Hause, da wir dort Platz hatten und etwas lebendiger sein konnten, doch als ich abends zurückkam, saßen immer noch viele Leute im Garten.

Ich hatte gedacht, dass es mit Donnerstag vorbei sei, doch bis heute noch haben wir täglich besuch von Verwandten, die den Tag hier verbringen und kräftig beim Resteessen helfen. Die einen sehen darin „emotionale Unterstützung“, andere nennen es glatt „Ausbeute – die sind doch froh, dass sie mal für eine Woche nicht kochen müssen und freie Mahlzeiten erhalten“. Wie auch immer, wir sind jetzt schon über eine Woche in die Beerdigungsvor- und Nachbereitungen eingebunden und eine kleine Auszeit vor Arbeitsbeginn täte hier allen gut.

Obwohl ich meinem geplatzten Urlaub in Cape Town schon nachtrauere, bin ich trotzdem davon überzeugt, dass dieses Erlebnis ganz wichtig war und mich noch mal um einiges näher an den hiesigen Kulturkreis und auch die Familie gebracht hat.

Samstag, 26. Dezember 2009

Radio Y's Workshop

Von Montag (den ich verpasste) bis Samstag hatten wir einen Radio Workshop mit Busi aus Cape Town. Radio? Wieso?

Mitte Dezember fanden die Auswahlgespräche für den Posten der groundBREAKER 2010 statt. Ich nahm daran teil und wurde daraufhin zum Radio Y’ s groundBREAKER ernannt. Die Freude war groß, da mir dieses Arbeitsfeld unheimlich gefällt! Wir sind ein Team aus 7 Radiomitarbeitern, darunter zwei DJs und kommen sehr gut miteinander aus. Wir haben viele kreative Köpfe und sind ziemlich motiviert etwas Professionelles auf die Beine zu stellen. Noch haben wir keinen Sendeort – außer unser Y- Centre – aber eventuell werden wir bald mit der Rustenburger Radiostation zusammenarbeiten und einige Sendezeiten für unsere Programme erhalten. Das wäre natürlich wirklich grandios!

Im Workshop ging es um das vertraut werden mit den Computerprogrammen für Musik, Mixing, Recording, Editing und die Ausrüstung wie Mikrofone, Aufnahmegeräte und so weiter. Außerdem lernten wir ein Radioprogramm zu planen, zu gestalten, zu strukturieren, durchzuführen und dann zu halten.

Am Samstag hatten wir dann nach einer Woche Lern- und Vorbereitungszeit das finale Programm zum Thema „festive season and safety“ mit zwei Interviews – DJ und Polizist – Weihnachtsdedikationen, Vox Pops und natürlich Musik. Es war recht aufregend und manches ging noch schief, doch wir hatten endlich mal einen Eindruck davon, live „on air“ zu gehen. Eine interessante und bereichernde Woche, die mein Hirngespinst >Journalismus und Co.< wieder aufleben lassen hat.

AllStarGames (11.- 14. Dez 09)

In Johannesburg - ganz exklusiv dieses Jahr! Von wegen.

Aber lasst mich von vorne beginnen: Seit meiner Ankunft in Luka wurde mir von den grandiosen „AllStarGames“ in Joburg vorgeschwärmt (als eine Fortführung der ClusterGames  siehe Blogeintrag vom …). Zunächst war ich als Gast geladen, dann ausgeladen, „nein, es sind keine groundBREAKER erwünscht“ und dann, einen Tag vor Beginn, wieder hinzuberufen. loveLife. Mehr sage ich jetzt dazu gar nicht. Diese Umstände bin ich ja inzwischen gewohnt. Doch dieses Mal war mir nicht so nach Lachen zumute, da das Datum genau auf meinen Geburtstag fiel und ich die damit verbundene und geplante Feier vergessen musste.

Stattdessen durfte ich um 5 Uhr morgens aus den Federn, um 6 Uhr mit dem Taxi nach Rustenburg fahren und dort am Treffpunkt (geplante Abfahrtzeit war halb sieben) an die 3 Stunden auf Teilnehmer aus Brits warten. Diese schafften es aber nicht, so mussten wir alle den Umweg über Brits machen und die restlichen Leute einsammeln. Gegen 14 Uhr fuhren wir über die große Brücke in Johannesburg mit unglaublicher Sicht auf die Stadt. Ich freute mich – wenigstens mal wieder etwas „heimisches“ Stadtgefühl. Doch unser Bus fuhr weiter und weiter… und weiter… und weiter… und ich wartete verzweifelt auf ein quietschen der Bremsen. Um kurz vor drei hatten wir das Stadtschild schon wieder hinter uns gelassen und ich konnte nur sehnsüchtig nach den grauen Hochhäusern, dem Smog und Autoverkehr zurückblicken.

Um euch nicht länger auf die Folter zu spannen: Etwa 70 Kilometer außerhalb von Johannesburg, in dem öden Vanderbijpark (ja, das mit dem begrabenen Hund!), war das Uni- Stadion, in dem die Spiele stattfinden sollten. Etwa 2 Kilometer vor Ankunft brach dann noch unser Bus zusammen, was die ganze Angelegenheit auch nicht gerade besser machte. Halb fünf waren wir dann ausgeladen und ich hatte einen >wunderbaren< Tag im Bus verbracht – ein Geburtstag wie im Bilderbuch =)

Unsere Unterkunft war auch ganz toll. Ein altes Studentenwohnheim mit allerlei Cocruches, keinen Bettlaken und mal wieder zu wenig Zimmern. Also schliefen wir auf fünf Matratzen zu zehnt! Supi! Und das für drei Tage und Nächte!

Die Spiele waren schlecht organisiert, die Jury war voreingenommen und nicht neutral, viele Teilnehmer am Ende demotiviert und enttäuscht.

Natürlich, es gab schöne und witzige Momente, ich habe einige interessante Menschen kennengelernt, doch Alles in Allem war es doch ziemlicher „kak“ und ich war einfach nur heilfroh, als ich wieder zurückkam. Trotz überwältigender Müdigkeit ging ich dann am Montag sogar noch ins Y- Centre, das ich noch nie so vermisst hatte!

Sonntag, 6. Dezember 2009

Potchefstroom

„Wie ich mein letztes Wochenende verbrachte“ oder „Wie Südafrikaner Party machen“.

Am letzten Freitag, den 27. November brachen Yvonne, Beauty und ich nach der Arbeit gegen 18 Uhr Richtung Potchefstroom auf.

Eigentlich waren wir zu zehnt gewesen, doch wie das dann immer so ist, sprangen noch bis zum Vortag sieben von unserem Trip ab, so waren’s nur noch drei. Geladen hatte Godfrey zu dem 25- jährigen Hochzeitstag seiner Schwiegereltern, er und sein Schwager hatten allerdings die große Feier ausgerichtet und damit waren nicht nur Familienmitglieder, sondern auch Freunde und andere Bekannte herzlich willkommen. Uns dreien kam diese kleine Auszeit von hier ganz gelegen, da wir mit der Eröffnung des Jugendzentrums am 25. November und den damit zusammenhängenden Organisationsverwicklungen, ganz schön ausgelaugt waren und ein Ortswechsel ja manchmal doch die eine oder andere Energie- und Motivationsquelle sein kann.

Potchefstroom. Ja wo ist das denn eigentlich? Und wie kommt man da ohne Auto hin?

Potchefstroom ist südlich von Rustenburg gelegen und wenn kein Auto zur Hand ist, dann sind die Taxis gefragt. Taxis – für alle, denen das jetzt nicht so klärchen ist – sind hier nicht die gelben Taxen, die einen komfortabel aber für einen hohen Gegenwert von A nach B bringen, sondern eher enge, stickige Kleinbusse (außer die speziellen Quantams), die man mit speziellen Handzeichen auf sich aufmerksam machen muss. Ja, genau mit so einem wollten wir nach Potchefstroom fahren. Als wir dann aber gegen halb 7 abends am Taxirank in Rustenburg ankamen, fanden wir heraus, dass es keine Direktverbindung zu unserem Zielort gibt. Wir sollten über Klerksdorp und dann von dort zurück nach Potchefstroom fahren. Na gut, was soll’s, was anderes blieb uns ja auch nicht übrig.

Wir saßen also im Taxi und warteten. Worauf? Auf weitere Mitfahrende. Denn anders, als Busse, die zu bestimmten Zeiten fahren, macht sich ein Taxi normalerweise nur mit genügend Insassen auf den Weg. Es war schon bald 8 und das Taxi zählte neun Personen plus Fahrer. Doch nicht genug, „ich fahre ab 11 Leuten los“ war die Botschaft. Dass um diese Uhrzeit noch mehr Gäste nach Klerksdorp kommen, ist jedoch ziemlich unwahrscheinlich. Wir saßen also auf glühenden Kohlen: Warten, ob das Taxi fährt, eines der letzten Taxis zurück nach Luka nehmen oder doch trampen? Dann kam der Taxifahrer glücklicherweise mit einer Alternative, er könne seinen privaten Avanza organisieren und uns zu neunt nach Klerksdorp fahren. Es sei dann zwar 10 Rand teurer, doch wenigstens kämen wir weiter.

Tja, leichter gesagt, als getan. So ein Avanza ist üblicherweise für 7 Mitfahrende konzipiert. Mit der neuen Situation saßen dann aber vier Personen hinten, vier in der Mitte und zwei vorne. Ihr könnt euch das vorstellen wie: Erste Person links an der Tür sitzt normal, zweite Person mit linker Pobacke auf dem rechten Schenkel der ersten Person, zweite Person sitzt mit linker Pobacke auf dem rechten Schenkel der zweiten Person und so weiter bis zur rechten Tür. Na ja, war ja nur für eineinhalb Stunden. ;-p Und wäre unser Fahrer nicht mit 120 über die 80er Schilder gebrettert, dann wäre die Fahrt wohl auch noch etwas länger geworden und der linke Pobackenkrampf hätte sich ins Unerträgliche entwickelt.

Heil und gesund kamen wir gegen 22 Uhr in Klerksdorp an und im Gegensatz zum um diese Uhrzeit leeren Rustenburger Taxirank, war doch noch einiges los. Unsere ganze Reise war unter dem Motto „no risk, no fun“, denn wir hatten ja keine Ahnung, ob wir von Klerksdorp in der Nacht überhaupt noch nach Potch kämen. Doch wir hatten Glück. Es kümmerte sich gleich ein Linemanager um uns und brachte uns zu einem Auto, dessen Fahrer uns nach Potch bringen könne. Wir stiegen ein, zahlten die 25 Rand und in 20 Minuten hatten wir Potchefstroom erreicht.

Doch hier ist die Fahrt noch nicht zu Ende!
Wir mussten ja jetzt irgendwie zu Godfrey gelangen, der ohne Auto und inmitten der Partyvorbereitungen steckte. Leyla (eine andere lL Mitarbeiterin) hatte uns deshalb angeboten, uns vom Taxirank abzuholen. Als wir versuchten sie anzurufen, war ihr Handy allerdings aus. Mpf. Und nu? Wir riefen Godfrey an, der sich um einen Transport kümmern wollte. Nach langem Warten kam dann Leyla aber doch noch an, ohne Erklärung oder Entschuldigung brachte sie uns einfach zu Godfrey und verschwand dann auch relativ schnell wieder. Ähm ja. So sind die Leute manchmal…

Um Mitternacht lernten wir also Godfreys Frau, ihre 4 Schwestern, den kleinen Sohn, die Schwiegereltern und seinen Freund und Schwager kennen. Ein anderer Freund brachte uns dann um 1 Uhr zu unserer Schlafstätte, die „4 Artillery Response“.

Ein Armeelager? Wieso das denn?
Auf diesem Gelände ist auch ein Camp für Jugendliche untergebracht, für das Godfrey nebenher arbeitet. So konnte er uns einfach und kostenlos unterbringen. Normale Doppelbettzimmer mit Wasserkocher und Waschbecken. Als wir ankamen schliefen wir sofort ein und wachten erst um 10 Uhr wieder auf.

Den Vormittag verbrachten wir mit der Erkundung des riesigen Geländes und die Küchenmitarbeiter gaben uns dann lieberweise noch Mittagessen. Um fit für die abendliche Party zu sein, legten wir uns anschließend noch mal zum Mittagsschlaf hin, machten uns gegen 17 Uhr fertig und wurden um 18 Uhr von der Campleiterin mit zurückgenommen.

Godfrey und die anderen hatten das Häuschen und den Vorgarten wirklich schön hergerichtet, die Straße war wegen des großen Zeltes gesperrt und es war insgesamt ziemlich voll. Der erste Teil des Abends war für uns nicht so spannend, da es sich um viele Reden von Familienmitgliedern, Freunden und Nachbarn handelte und ich zusätzlich kaum was davon verstand. Es gab das typische Festessen und im Anschluss daran wurde getrunken. Es ist ja nicht so, dass erst nach dem Essen getrunken wird – nein – schon als wir um 7 Uhr ankamen, waren einige der auch älteren Herrschaften schon gut dabei.

Wir zählten die Schnulzlieder runter. Den DJ hatten wir um etwas mehr Fetz gebeten und er hatte uns „noch 4 Lieder, dann…“ versprochen: Noch 4, noch 3, noch 2, noch 1, noch 0… hä? Hei DJ! …ahh! Ja, danke! Und ntsntsnts. Dann ging los. Ich glaube die ersten nach tanzen ausschauenden Bewegungen machte ich gegen 11, halb 12 und so ging es dann rund bis zum Morgengrauen. Es tat einfach gut mal wieder abzutanzen und in der Runde war es einfach sehr spaßig! Um 6 Uhr bat ich dann um Auszeit und Beauty und Yvonne legten sich mit mir für 2-3 Stündchen ab. Als wir aufwachten hatten unsere Gastgeber schon allen Abwasch getätigt und saßen unterm Zelt im Schatten. Dann ging auch das Trinkgelage schon wieder weiter, als hieße es: Wir müssen das Zeug jetzt einfach alle machen, bevor es noch schlecht wird! Wir drei lehnten die diversen alkoholischen Angebote dankend ab, aber um uns herum wurde vergnüglich weitergeschlürft. Und nicht nur die jüngere Generation, ne, gerade die Älteren waren unwahrscheinlich fit und hatten mit ihren Ciders, Whiskeys und Bieren ihren Spaß.

Wir verbrachten noch unseren halben Tag dort. Sitzend, tanzend, quatschend. Um 15 Uhr brachen wir dann auf, um unsere Sachen zu holen und Godfreys Freund schlug vor, mal an der Tramperstelle vorbeizuschauen. Eine gute Idee, denn das erste Auto war genau nach Rustenburg und wir drei Damen konnten ganz angenehm zu dritt hinten sitzend für 30 Rand zurück nach Hause gefahren werden. Glück Glück Glück.

Um halb 5 standen wir dann auch schon wieder vor heimischen Toren. Müde, aber zufrieden.

Noch jetzt müssen wir manchmal lachen, wenn wir an unseren Trip nach Potch denken. Die Hinfahrt, die Party und die Menschen dort. Irgendwie noch mal von einem anderen Schlag, als die Rustenburger Bevölkerung.

Ja, wir haben es wirklich genossen!