Mittwoch, 11. November 2009

Kaum zu glauben...

Während mich in den ersten Wochen das Erlernen der hiesigen Sprache, grundlegende Verhaltensweisen und fundamentale kulturelle Gegebenheiten beschäftigten, lerne ich in den letzten Wochen sehr viel über den afrikanischen (Aber?-) Glauben dazu.

Meine erste Begegnung mit diesem Glauben war vor rund 2 Wochen, als ein ziemlich heftiges Unwetter über Luka und Umgebung wütete. Wir verbrachten die Nacht fast in kompletter Dunkelheit und nur der Schimmer einer Kerze erhellte das Wohnzimmer etwas. Im Gespräch wurde mir dann die folgende Geschichte erzählt: „Vor einigen Jahren untersuchten Forscher einen nahegelegenen See bei Kanana und fanden dort eine seltsame Schlangenart. Um diese Sorte weiter zu analysieren nahmen sie eine der Exemplare mit ins Labor. Unwissend hatten sie allerdings eines der Schlangenkinder gegriffen und als die Schlangenmutter dessen bewusst wurde, machte sie sich auf die Suche nach ihrem verlorenen Sohn. Ein schweres Unwetter kam über die Region und in den Wolken konnte man das Abbild einer gewaltigen Schlange sehen. Die Schlange konnte ihr Kind natürlich nicht finden und seitdem macht sie sich immer wieder auf die Suche - so auch am Freitag vor 2 Wochen.

Hört sich nach Kindermärchen an? Daran dachte ich zunächst auch, doch den Menschen hier ist es zutiefst ernst damit.


Letzten Samstag klingelte um halb5 Uhr morgens mein Handy, doch verschlafen wie ich war, antwortete ich nicht und sah erst beim Aufwachen, dass mich mein jüngerer Gastbruder versucht hatte anzurufen. Als ich ihn auf die Uhrzeit ansprach, verzog er sein Gesicht. „Du weißt nicht, was mir passiert ist… Es war noch dunkel und ich kam von der Party zurück und lief unsere Straße entlang. Aus irgendeinem Grund verspürte ich das Verlangen mich umzudrehen. Da lief eine alte Frau in weißem Nachthemd hinter mir her. Mein Herz stolperte und beinahe wäre ich hingefallen. Modimo, eine Hexe! Zum Glück schaute sie nicht nach mir, denn… du musst wissen… schaue einer Hexe niemals in die Augen, das könnte das Ende bedeuten! Ich huschte also schnell in unseren Vorgarten und versteckte mich hinter dem Haus am Fenster zu deinem Zimmer – deshalb der Anruf.“

Ich schaute Lucky kopfschüttelnd an und erwiderte, ich glaube ihm seine Geschichtchen nicht mehr – denn er hat seinen Spaß daran mir allerhand Unfug zu erzählen und während ich ihm in den ersten Wochen noch alles abnahm, bin ich da inzwischen doch sehr vorsichtig geworden. „No, seriaaaas, I am very, very, very seriaaas.“ Hahaha „No, Sophie! Mapula! really!” „Lucky, how can I ever believe you again!?“ „Ahhh okay, ask Yvonne, ask her, if there exist witches.” “Okay, I’ll do that.”

Und ich tat es. Ungläubigen Blickes trat ich an Yvonne und fragte sie nach der Existenz von sogenannten Hexen. „Natürlich gibt es die! Oh, da musst du aufpassen, die können ganz fiese Sachen mit dir anstellen! An meiner Uni damals in Pretoria…“ Und sie erzählte mir die wildesten Geschichten über Hexenstudenten und Zauberei.

Ich gestand Yvonne meine Zweifel und erklärte ihr auch, dass ich solche Geschichten aus Deutschland eigentlich nicht kenne. Wir mutmaßten, dass das mit großer Wahrscheinlichkeit mit der unterschiedlichen Herangehensweise an Dinge zu tun hat. So werden Unwetter, Krankheit, Probleme und so weiter in Afrika oft „zauberhaft“ erklärt, während wir da in Deutschland (und weitgehend in europäischen Gefilden) doch eher zu wissenschaftlichen Erklärungen tendieren.


Passend dazu besuchte ich dann mit Yvonne am Freitag einen Sangoma – traditional healer. Sie wollte mich nach unseren Gesprächen endlich mal persönlich mit einem der sagenumwobenen Sangomas bekannt machen. Wir fuhren also in ein Nachbardorf, wo sich etwas abseits das Häuschen und die kleine Viehzucht des Heilers befinden. Der Alte war nicht zugegen, so übernahm sein Sohn (oft treten die Kinder der Sangomas in ihrer Eltern Fußstapfen) die Sitzung.

Einer uralten Tradition entsprechend arbeiten die meisten Sangomas dieser Region mit der „ditaola“ – ich hatte diese schon im Museum über den Stamm der >Bakgata< gesichtigt. Die „ditaola“ ist eine Sammlung von verschiedenen Steinen, Muscheln und Dominosteinen, die zusammen in einen Fellsack (ich konnte das ehemalige Tier leider nicht mehr erkennen) gegeben werden. Dann hält der Sangoma das Ende zu, damit kein Objekt herausfallen kann, spricht den Namen der zu untersuchenden Person und klopft den Sack einige Male auf den Boden. - Später wurde mir erklärt, dass er dadurch Kontakt zu seinen Ahnen und denen des „Patienten“ aufnimmt. – Anschließend wird der gesamte Inhalt auf einem Teppich ausgeschüttet und dann beginnt das „ditaola lesen“. Der Heiler sprach für bestimmt eine halbe Stunde und Yvonne machte nur „mhh“ oder „mhh-mhh“. – Sie muss seine Aussagen nämlich immer bestätigen oder aber negieren. – Dann stand er auf und begab sich an das vollgestellte Regal mit allen möglichen Flüssigkeiten, Wurzeln, gemahlten Substanzen und bereitete eine Mixtur für Yvonne, mit der sie sich waschen solle, ein sogenannter „Muthi“.

„Muthi“ sind Zaubertränke, die man sich beim Sangoma zubereiten lassen kann. Es gibt Muthis für alle Lebenslagen und Bedürfnisse. Von „bring-deine-alte-Liebe-zurück“, „mach-deinen-Chef-krank“ und „Viagramuthi“ zu „schütz-dich-vor-bösen-Menschen“ und „lass-den-geldgierigen-Verwandten-ersticken“. Besonders an Familienfesten müsse man ganz besonders achtsam sein, da die meisten Muthis bei solchen Gelegenheiten zur Nutzung kämen. Schon einige Bekannte seien nach einer Hochzeitsfeier oder Beerdigung misteriöserweise ums Leben gekommen. Du lebst gefährlich in Südafrika!

1 Kommentar:

  1. ANSOOOOO!!! jetzt hab ich endlich deine blog-adresse ausfindig gemacht und kann nun auch deine spannenden geschichten verfolgen.endlich!! ich glaub, du hattest noch meine alte mailadresse.. ^^
    ich schließ mich mal simo an, mit den fotos hat se recht. will auch sehen, wies da bei dir so aussieht im land der hexen!!!
    werd jetzt auf jeden fall öfters hier vorbeigucken..
    ganz liebe grüße und ne dicke umarmung,
    deine bea

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