Donnerstag, 24. Juni 2010

Artikel. Der stolze Stamm der Bakofeng und der Kampf gegen Aids

Original Artikel
Meine Anmerkungen


Alfos Batke zu Besuch im modernsten Jugendzentrum Afrikas . „LoveLife“ setzt auf Prävention und will Kinder und Jugendliche stärken.

Boomtown Rustenburg. 107 000 Menschen leben hier in der Provinzstadt der Region Northwest. Der WM-Schauplatz, möglicherweise Austragungsort eines Achtelfinals mit deutscher Beteiligung, ist die am schnellsten wachsende Stadt Südafrikas. Eine prosperierende Kommune, zu verdanken hat sie den Reichtum zwei großen Platinminen. Rustenburg, so sagt man, ist die Platin-Hauptstadt der Welt. Rustenburg hat Arbeit und zieht demnach Arbeiter an. Und Aids. „loveLife“, eine Partnerorganisation des Deutschen Entwicklungsdienstets (DED), kämpft dagegen an.

Es sind ueber 20 Platinminen... nicht nur 2.

Wir sind im Dorf Luka, keine zehn Kilometer entfernt vom WM-Stadion Royal Bakofeng. 44 530 Zuschauer finden hier Platz. Es ist eine in die Landschaft gepflanzte neuzeitliche Arena. König Leruo hat sie im Schatten der Magaliesberge bauen lassen. Leruo ist Oberhaupt des stolzen Stammes der Bakofeng. Er gilt als der reichste Stamm Afrikas, Platin sei Dank. Und der Stammesfürst zeigt sich als Wohltäter. Nicht nur dass er Tausende WM-Tickets für seine Minenarbeiter kaufte – er subventionierte auch maßgeblich den Bau des Jugendzentrums Bakofeng in Luka.

Die Anlaufstelle für Kids, Teens und Twens bis 23 haben sie direkt neben der Thete Highschool Ende 2009 eröffnet. Es ist das wohl modernste Jugendzentrum des Kontinents. Eine zeitgemäß eingerichtete Krankenstation, ein Computerraum mit 14 PCs, ein Billardtisch, eine Tischtennisplatte, ein hochmodernes Studio mit einem DJ, der nachmittags das gesamte Gelände mit heißen Rhythmen beschallt.
Auf dem Bolzplatz kicken die Jungs, einige Mädels versuchen sich im Basketball, andere studieren die Choregrafie des Diski-Dance ein, einer der WM-Hymnen. In einem anderen Raum sitzen 17 Jugendliche, schauen sich die Partie Griechenland gegen Nigeria an und sind völlig entsetzt, dass das Rehhagel-Team die Partie noch zu seinen Gunsten wendet.

Eigentlich war das den wenigen Zuschauenden schnurzpiepegal, wie Greece oder Nigeria spielen, geschweige denn, dass jemand dort mit "Rehagel" viel anfangen konnte ;-)

Wenn die Kinder das Gelände der Thete Highschool betreten, sehen sie sich mit der Realität des südafrikanischen Alltags konfrontiert. „Lasst uns die Kriminalität an unserer Schule stoppen“, prangt es von den Schildern. Oder: „Sei cool, geh zur Schule.“ Oder: „Schluss mit Kindesmissbrauch.“

Conny Jager ist seit vielen Jahren Entwicklungshelferin und weiß, dass die Slogans Reflexe auf die Wirklichkeit sind. Insbesondere in Zusammenhang mit Aids. Nahezu jeder fünfte Südafrikaner im Alter zwischen 15 und 49 Jahren trägt das HI-Virus in sich, von der Gesamtzahl der Menschen, die infiziert sind, nimmt die Kap-Republik weltweit die Spitzenposition ein. Nach einer UNO-Studie sind es 5,7 Millionen. „Die Hälfte der Neuinfektionen findet bei 15- bis 24-Jährigen statt. Der Schulabgang ist die Zeit der höchsten Ansteckungsgefahr“, sagt Jager. Ein nicht unmaßgeblicher Faktor in diesem Zusammenhang sind die in Südafrika weitverbreitete und durchaus legale Polygamie, häusliche sexuelle Gewalt, Prostitution und ein erschreckend hohes Maß an Vergewaltigungen. Jager: „Sexuellen Missbrauch gibt es unter fast jedem Dach.“

Trotz dieser erschütternden Diagnose will „loveLife“ den Status quo ändern und setzt dabei auf Prävention, Deshalb gibt es solche Einrichtungen wie das Jugendzentrum Bakofeng in Luka nahe Rustenburg und weitere 17 im Land. „Wir möchten mithelfen, die Infektionsrate mittelfristig zu halbieren. Wir wollen Kinder und Jugendliche nicht nur aufklären, sondern durch die Angebote auch das Selbstvertrauen stärken“, formuliert Jager ein ehrgeiziges Ziel und weiß, dass das nur geht, wenn man auf die Mentalität der Menschen eingehen kann.

Norbert Herrmann aus Berlin ist einer der strategischen Köpfe von „loveLife“. Der ausgebildete Volkswirt beteiligt sich daran, eine zeitgemäße technische Infrastruktur zu schaffen, um die Kernzielgruppe der 12- bis 19-Jährigen zu erreichen. „Manchmal muss man auch etwas frecher sein. Als wir bei einer unserer Kampagnen einen nackten Mädchenrücken zeigten, war der Aufschrei der Empörung groß. Aber wir hatten die Aufmerksamkeit“, berichtet Herrmann.

Doch mit der Verbreitung von Botschaften wie „Kondome sind gut“ ist es nicht getan. Herrmann überprüft die Effizienz des Callcenters der größten HIV-Präventionsorganisation Südafrikas. Im „loveLife“-Zentrum von Johannesburg beantworten 40 ausgebildete Berater im Callcenter Fragen zu Aids und HIV in den elf Landessprachen. Die Hotline nehmen pro Monat mehr als 100 000 Anrufer in Anspruch, „loveLife“ erreicht etwa eine Million junge Menschen.

Zurück nach Luka: Wir treffen Masindi (11), Sandra (11) und Given (12), die sich nach dem Internet-Surf noch auf dem Basketballfeld austoben. Sie finden das Jugendzentrum klasse, sie finden insbesondere Anne Sophie Waag klasse. Die 20-Jährige aus Berlin arbeitet für das DED-Programm „weltwärts“, hat nach dem Abitur ihr freiwilliges Jahr in Südafrika begonnen und ist der umschwärmte Mittelpunkt der Kiddies aus Luka und Umgebung.

Vormittags geht sie in die Schule und leistet buchstäblich Aufklärungsarbeit, wenn es um das hochsensible Thema Sexualkunde geht. Nachmittags im Jugendzentrum gibt sie Impulse in Arbeitsgruppen oder versucht sich als Moderatorin zwischen Eltern und Kindern: „Probleme werden zu Hause kaum diskutiert und auch nicht ausgeräumt, weil eine gewisse Sprachlosigkeit besteht. Da fällt es vielen leichter zu reden, wenn jemand dabei ist.“

Voraussetzung dafür ist Vertrauen, und das hat sich Waag in den Monaten von Luka erworben. Sie ist die einzige Weiße im Dorf, lebt in einer Gastfamilie und weiß mithin mehr über den Alltag und die Befindlichkeiten als so mancher Sozialforscher. Deswegen findet sie es auch gut, dass „loveLife“ so nah an der Basis arbeitet. Das Präventionskonzept wird nicht nur von den Einrichtungen an sich getragen, sondern auch von 1200 „groundBreakern“. Junge Menschen aus der Region, 18 bis 23 Jahre alt, eingestellt mit der Bedingung, ihr Abitur geschafft zu haben. „loveLife“ zahlt ihnen 888 Rand pro Monat (etwa 100 Euro).

„groundBreaker“ sind Respektspersonen in ihrer Gemeinde, genauso wie die „gogoGetters“ – ältere Damen, die vom Präventionskonzept überzeugt sind und ihre Oma-Autorität einbringen. Ach ja: Masindi, Sandra und Given. Sie haben sich ausgetobt an diesem Nachmittag. „Anfangs waren unsere Eltern dagegen, dass wir hierhin gehen. Aber mittlerweile freuen sie sich, dass wir hier so viel unternehmen können und gut aufgehoben sind. Und Anne Sophie kennengelernt haben.“ Ihre große weiße Schwester muss bald gehen, zum 1. August hat sie ihr „weltwärts“-Jahr beendet. Für eine Nachfolge ist gesorgt. Und das Projekt wird weitergehen – auch wenn die WM längst Geschichte ist.

Es gibt weitere ded-Freiwillige bei loveLife, allerdings nicht in Luka. 4 Weltwaertsler werden in drei Jugendzentren in Kwa-Zulu-Natal gesendet werden.


Dieser Eintrag wurde am Montag, 21. Juni 2010 um 18:39 erstellt und ist abgelegt unter Reporter unterwegs im Trainingslager
http://www.neue-oz.de/reporter-unterwegs/?p=285


Mein Abschlusskommentar: Ich mag den Artikel!

Mittwoch, 23. Juni 2010

Artikel. WM Nebenschauplatz.

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Meine Anmerkungen

Katerstimmung im Youth Center Bafokeng. Obwohl die Kids seit Wochen Lieder und Tänze zur WM („Ayoba 2010“) eingeübt haben, die Vorfreude auf das Turnier durch die Berichterstattung fast ins Unermessliche gesteigert wurde, hat die Bafana Bafana die Hoffnungen der Jugendlichen von Luka nicht erfüllt. Nur noch eine Handvoll hartgesottener Fußballfans verfolgt auf harten Holzstühlen das Nachmittagsspiel zwischen Nigeria und Griechenland.

Wir haben gar keine Holzstuehele, das sind diese standard Plastikstuehle, nicht besonders hart, aber auch nicht dermassen gemuetlich.

Nigeria ist der große Rivale Südafrikas, weil es auf eine erfolgreichere Fußballvergangenheit zurückblicken kann. Entsprechend emotionslos verfolgen die Kids das Spiel. Viele kicken auf dem Bolzplatz hinterm Haus lieber wieder selbst.

Das wuerde ich so nicht sagen. Es geht nicht darum, ob Nigeria sportlich gesehen ein grosser Rivale Suedafrikas sein koennte. Leider sind die Nigerianer nicht so beliebt unter Suedafrikanern. Sie stellen -aehnlich wie Simbabwer- eine grosse Einwanderungsgruppe dar und den Rest kennt man ja.

Die Mädchen tanzen vorne zum Sound, der aus den Boxen schallt. Früher war Luka einmal ein Township. Nun darf es sich offiziell Dorf nennen, denn die Gegend rund um die WM-Stadt Rustenburg prosperiert. Viele Arbeiter leben hier noch in Shacks, den Blechhütten, die man hier so häufig sieht, doch die Zahl der Steinhäuser in Luka hat zugenommen. 18 Platinminen in der Region bedeuten Arbeitsplätze, was zu einem ständigen Zuzug führt.

Wieder das Thema Township-Dorf. meines Wissens nach war Luka schon immer ein Dorf, natuerlich Teil der Homelands. Ich weiss nicht, was alle immer mit diesem "Township-Begriff" reitet. Vielleicht klingt das mehr nach Suedafrika...?

Auch Lesidi Lenkwe hat sich lange auf die WM gefreut. Er stammt aus Soweto, dem großen Township in Johannesburg. 1995 hat er dort erlebt, wie tagelang Schwarze und Weiße leidenschaftlich miteinander feierten. Auslöser der landesweiten Ekstase war damals der Sieg des südafrikanischen Rugby-Teams, der „Springboks“, bei der WM im eigenen Land. Ein Erweckungserlebnis für ein neues Südafrika nach dem Ende der Apartheid. Dass die Fußball-Weltmeisterschaft dieses Kollektivgefühl zumindest sportlich nicht wiederholen würde, war ihm klar.

Lesedi stammt aus Mafikeng und hat nur einige Jahre seiner Kindheit bei seinem Onkel in Soweto gelebt. das Kollektivgefuehl ist waehrend der WM sehr hoch, sehr hochgesteigert worden, aber sportlich ist es nun leider fuer Bafana Bafana vorbei, das ist wahr.

„Die Bafana Bafana ist noch nicht so weit, dass sie mit großen Teams mithalten kann“, sagt Lenkwe. Dennoch ist er ein bisschen traurig, dass die WM auch sonst nichts in Luka verändert hat. Während im zehn Kilometer entfernten Rustenburg die Baumaßnahmen im Vorfeld der Weltmeisterschaft zu einer neuen Hauptstraße und etlichen Verschönerungen geführt haben, wurde hier lediglich ein riesiges Schlagloch in der Ortsdurchfahrt geschlossen.

Zum Glueck wurde dieses Riesenschlagloch gestopft, aber sonst kommt hier wiklich nicht so viel an, obwohl das Stadium nur 15 Autominuten weit weg liegt. Ums Stadium herum allerdings kann man viel Neues entdecken und es macht Spass zu sehen, wie so viele Nationen sich in unserer Nachbarschaft Phokeng tummeln.

Für den 22-jährigen Lenkwe (er ist 24 Jahre alt) sind deshalb die Alltäglichkeiten viel wichtiger als das Turnier. Er arbeitet als Groundbreaker für die Initiative „LoveLife“ des Deutschen Entwicklungsdienstes (DED).

loveLife ist keine Initiative des DED. Der DED hat 2 Entwicklungshelfer, die fuer loveLife arbeiten und inzwischen die Beziehungen durch das weltwaerts-Programm ausgebaut und intensiviert.

Groundbreaking heißt, dass er Jugendliche für das Thema Aids-Prävention sensibilisiert, mit ihnen über Sexualität und Verhütung spricht. In Südafrika ist jede dritte Frau und jeder zehnte Mann zwischen 25 und 30 HIV-positiv.

Lesidi Lenkwe möchte mithelfen, dass den Jungs, die auf dem Bolzplatz kicken, dieses Schicksal erspart bleibt. Wie alle hier im Youth Center kennt er im Bekanntenkreis etliche, die den Virus in sich tragen.

Ob Südafrika das Achtelfinale erreicht, ist für ihn deshalb ziemlich egal. „Es ist auch ein gutes Gefühl, dass wir euch zeigen können, wie gut wir eine WM ausrichten, oder?“

Tim Jürgens
http://www.tagesspiegel.de/sport/wm-nebenschauplatz/1864990.html

Wie mir Lesedi berichtete, hatte der Herr beim Interview noch nicht einmal einen Blog und Stift zur Hand, weshalb es nicht zu verwunderlich sein duerfte, wenn die Details etwas ungenau sind.

Dienstag, 22. Juni 2010

Artikel. Fussball oeffnet Tueren im Kampf gegen AIDS.

Original Artikel
Meine Anmerkungen

Rustenburg. Jugendliche sind in Südafrika besonders gefährdet, sich mit dem HI-Virus anzustecken. "Lovelife" ist eine Hilfsorganisation, die sich des Problems annimmt. Die Fußball-WM hilft dabei, Türen zu öffnen.

Die Boxen sind draußen angebracht, schließlich spielt sich das Leben in Südafrika hauptsächliche unter freiem Himmel ab, ob Winter oder Sommer. Die Lautsprecher sind so groß, die würden jeder Diskothek gut zu Gesicht stehen. Die Musik, die aus ihnen dringt - irgendwas zwischen afrikanischem Hip-Hop und traditioneller Musik - unterhält die ganze Nachbarschaft.

Stimmt! Und es zieht auch unsere Jugendlichen und Besucher an!

35 bis 40 Kinder und Jugendliche tummeln sich auf dem Gelände des Jugendzentrums Luka in der Nähe von Rustenburg. Es liegt in einem Township, aber von Township will hier keiner reden. Ein Dorf sei es, sagt jeder. Township klingt zu negativ, klingt so nach Shacks, den typischen Wellblechhütten, und nach Armut.

Luka ist wirklich kein Township. Es ist schon seit jeher eines der 29 Royal Bafokeng Doerfer unter ihrem Koenig "Kgosi".

Die Kids spielen Volleyball, Basketball, Fußball. Wer sich gerade nicht bewegt, beschäftigt sich mit dem Handy. Hier hat jedes Kind ein Handy mit Internetzugang. Wie das bezahlt wird? Allgemeines Desinteresse an so einer Frage.

Es wirkt, als sei dies typisch suedafrikanisch, doch wenn ich an daheim oder Italien denke... ich glaube dieses Phenomen ist global. Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene die unglaubliche Summen fuer ihr Handyguthaben verschleuedern und sich extremst verschulden.

Einige probieren den Diski-Dance, ein extra für die WM konzipierter Tanz mit einer Menge Fuß- und Beinbewegung. "Die Regierung hat in den vergangenen Monaten viel Wert darauf gelegt, dass wir das üben", sagt Anne-Sophie Waag, eine 20-jährige Berlinerin, die im Zentrum arbeitet. Die Kinder und Jugendlichen, die sogar ein eigenes Tonstudio haben, in dem die Musik aufgelegt wird, die das Dorf beschallt, sind glücklich hier. Und wenn es irgendwo zwickt, steht eine Krankenschwester bereit, die in einer medizinischen Abteilung für Abhilfe sorgt. Es ist eine Idylle an einem sonst trostlosen Fleck Erde.

Wirkt doch sehr dramatisch. Natuerlich ist es im Vergleich zu den grossen Staedten Pretoria, Johannesburg und Cape Town lang nicht so flippig und belebt, aber trostlos. Nein. Langweilig. Manchmal.

Legt man die aktuelle Statistik zu Grunde, wird etwa jedes dritte Kind, das gerade noch fröhlich tanzt, in einigen Jahren mit HIV infiziert sein. Nirgendwo gibt es mehr mit dem Aidsvirus infizierte Menschen als in Südafrika. Im Alter von 15 bis 49 trägt jeder Fünfte Südafrikaner den HI-Virus in sich. Die Altersgruppe zwischen 15 und 34 ist besonders betroffen, darunter sind wiederum Mädchen und junge Frauen die Hauptleidtragenden. In dieser Gruppe beträgt die Ansteckungsrate bis zu 35 Prozent. Die Gründe sind bitter und simpel: Es gibt sexuelle Gewalt im familiären Umfeld, Polygamie, Mädchen werden schwanger. In der Zeit der Schwangerschaft ist das Ansteckungsrisiko doppelt so hoch. Frühe Schwangerschaften führen zu Schulabbruch und in der Folge zur Prostitution - ein Teufelskreis.

Diesen zu durchbrechen, hat sich die Non-Profit-Organisation Lovelife zur Aufgabe gemacht. Das hehre Ziel: In den nächsten fünf Jahren die Ansteckungsrate bei den Jugendlichen zu halbieren, sagt Conny Jager, die bei Lovelife als Entwicklungshelferin arbeitet. Lovelife ist Südafrikas größte HIV-Präventionsorganisation. Die Hilfsorganisation hat bisher 18 Jugendzentren in Südafrika aufgebaut und mit Personal versorgt. Eines davon ist das in der Nähe von Rustenburg, das nach Lovelife-Prinzipien geleitet wird.

Lovelife klärt auf, fördert den Dialog mit den Eltern. Die Jugendlichen treiben Sport, diskutieren, lernen ihre Talente kennen, gewöhnen sich daran, eigene Entscheidungen zu treffen. "Es reicht nicht, ,nur aufzuklären und Kondome zu verteilen. Die Kinder müssen Persönlichkeit entwickeln, um in bestimmten Situationen auch einfach mal nein zu sagen", erklärt Conny Jager die Lovelife-Leitlinien.

Die Gruppe arbeitet mit so genannten Groundbreakern. Das sind ausgebildete Jugendliche, die Gleichaltrige über HIV/Aids aufklären. Über ein ähnliches Programm ist auch Anne-Sophie Waag in das Luka-Jugendzentrum kommen, das in Sachen Ausstattung jedoch eine Ausnahme ist. Hier lebt nämlich einer der reichsten Stämme des Landes (Bafokeng Nation). Und die haben einen König: Leruo Molotlegi, der 36. Monarch des Bafokeng-Stammes. Der versorgt seine Untertanen nicht nur mit Eintrittskarten für die WM, sondern finanziert auch mal ein Jugendzentrum.

Diese Absaetze sind gut und richtig recherchiert, nichts zu beklagen.

Viel los in Luka ist natürlich seit Beginn der WM. Auf einer großen Leinwand werden alle Partien übertragen. Wenn es nicht die Kinder selbst sind, die davor sitzen, dann sind es die Eltern, die den Service gerne annehmen.

Eigentlich nicht. Wir sind ein Jugendzentrum und Eltern kommen im Normalfall nicht her, es sei denn zu den Abendspielen, die wir immer wieder uebertragen. Doch viele sind es nicht. Eher die aelteren Geschwister, die begleiten.

Die Gelegenheiten sind rar sonst. Das Jugendzentrum wurde erst Ende November eröffnet und mit gehöriger Skepsis beobachtet. Fußball aber bringt die Menschen hier zusammen, öffnet Türen - im wahrsten Wortsinne.

Thomas Gotthart
http://www.swp.de/ulm/sport/wm2010/vorort/art1162297,525541

SAWC2010. Mittendrin.

Nun ist die WM voll im Gange!

Unser Y-Centre in Luka hat am vierten Spieltag endlich die lange versprochene Fernsehmodeminstallation erhalten und ueber unseren Beamer koennen wir nun live die Spiele verfolgen. Das Interesse ist unterscheidlich hoch. Brasilien und Bafana Bafana sind ungeschlagen auf Platz 1, wenn es um Zuschauerraten geht, Ghana, Ivory Coast (besonders wegen Drogba) und Portugal (Christiano Ronaldo) folgen, dann kommen Deutschland, Spanien, Frankreich, ...

Es muss fussballtechnisch allerdings schon viel geboten werden, um die junge Zuschauerschaft bei Laune zu halten. Sobald ein Spiel aber auch nur die geringsten Laengen aufweist, bieten der Fussballrasen draussen, der Computer- oder Spieleraum mehr an Attraktion fuer unsere Kinder.

Waehrend ich zunaechst die Hoffnung auf Tickets aufgegeben hatte, darf ich jetzt doch noch in deren Genuss kommen. Nein, ich esse die Tickets nicht, ich meine, ich darf in den Genuss der Spiele kommen, deren Zugang nur ueber Tickets gewaehrleistet werden kann. Und eben diese Tickets erhalte ich ueber die verschiedensten Verbindungen und Ecken: Am Dienstag beim Spiel Neuseeland vs Slovakia hatte loveLife noch einige ueber und wir wurden kurzfristigst benachrichtigt und eilten zum Stadium. Am Samstag organisierte mir Lesedi lieberweise ueber seinen Jugendclub ein uebrig gebliebenes Ticket fuer Ghana vs Australia.

Heute, am 22. Juni 2010 werde ich mit Yvonne, Phenyo und zwei Waisenkindern aus dem Centre das Match Mexico vs Uruguay anschauen. Dieses Mal kamen die Tickets ueber einen Freund, der das Public Viewing der Royal Bafokeng Nation im Tsitsing Stadium managed. Also, immer wieder viel Glueck und gute Kontakte!

Im nahegelegenen Phokeng also – dort befindet sich auch das Rustenburger Royal Bafokeng Stadion – tummeln sich Touristen aus der ganzen Welt mit einheimischen Fans und feuern an, was das Zeug haelt. Beim Ghana – Australia Spiel war die Stimmung wirklich grossartig, wir starteten die Laola-Welle erfolgreich (2 ganze Durchgaenge!), hatten viel zum Vuvuzelen und Groelen!

Heute wird sicherlich nicht nur ein spannendes suedamerikansiches Match ausgetragen, sondern auch die Entscheidung fallen, ob Bafana Bafana in die naechste Runde einzieht oder nicht. Es bleibt also spannend!

(Fotos zu meinen Berichten koennt ihr wie immer ueber facebook verfolgen)

Freitag, 18. Juni 2010

SAWC2010. Bevor.

In aller Munde, in aller Augen, in aller Ohren – die Weltmeisterschaft in Suedafrika 2010. Das groesste Event unserer Zeit zum ersten Mal auf afrikanischen Boden, ausgetragen im suedlichsten Land dieses faszinierenden Kontinents. Die Welt zu Gast in Suedafrika!

Die Vorbereitungen fuer den World Cup begannen schon vor langer Zeit. Vorsitzender des FIFA Comitees Suedafrika, Ralph Jordaan, begann mit seiner Arbeit vor ueber 10 Jahren als er mit seinem Team daran arbeitete, den World Cup in Suedafrika zu halten. Nach der Enttaeuschung im Jahre 2000 (als Deutschland fuer 2006 auserwaehlt wurde) konnte er die FIFA vier Jahre spaeter ueberzeugen und den World Cup 2010 ins eigene Land holen.

Die Planung begann, nach der Weltmeisterschaft 2006 wurden unter anderem deutsche Berater nach Suedafrika geholt, Strassen wurden ausgebaut, Stadien errichtet oder ausgebessert,... 2009 war dann der Confederations Cup in Suedafrika schon ein kleines Testspiel und gab einen Eindruck, wie es waehrend der kommenden WM werden wuerde.

Schon im Sommer (also ab Oktober 2009) begannen Medien und Politiker den Hype um die WM zu schueren. Stueck fuer Stueck kamen neue Ideen auf, wie man das bevorstehende Spektakel zelebrieren koennte. Angefangen mit kleinen Werbeeinheiten von Coca Cola: „Summah Yammah Summah... Cape Town is comin‘ around, North- West is comin‘ around...“ (Backpackerreisende in Suedafrika, die trinken, singen und die WM Staedte bereisen) oder von MTN: “Ayobayobayoba” (bedeutet „cool“ und wurde zum absoluten Lieblingsausdruck hier). Dann Spots mit Fragen wie: „How are you going to welcome the world in South Africa?“ und Werbeplakaten: Welcome on Spanish is Bienvenido”. Im Maerz kam dann der “Football Friday” auf, was bedeutet, dass man jeden Freitag das Fussballshirt seiner Mannschaft tragen sollte. Zunaechst auch seiner lokalen Fussballmannschaft (hier waeren das z.B. die Kaizer Chiefs oder Platinum Stars), aber gegen spaeter hin eigentlich nur noch das Suedafrikatrikot. Selbst in Bueros und bei Konferenzen von Politikern trug man freitags das Sportoutfit. Anfang Mai kam dann der Auftrag von „oben“ den >Diski Dance< zu lernen und in Schulen zu unterrichten. Wir hatten also taeglich Schulklassen im Y-Centre, denen wir diesen Fussballtanz beibrachten. Inzwischen kann ihn eigentlich fast jeder hier tanzen, mehr oder weniger und es macht uns allen einen unheimlichen Spass!

Was ich sagen kann, ist, dass der Hype wirklich bis ins kleinste Dorf ankam, Kinder mit ihren Vuvuzelas und in Suedafrikatracht durch die Strassen sprangen, „ayoba 2010“ sangen und Erwachsene mit freudiger Aufregung das Spektakel erwarteten - „Feel it, it is here!“ (So der Werbespruch SABCs).

Da die Spiele in Doerfern und Townships meistens nur in Tavernen gezeigt werden, die einmal nur fuer Erwachsene zugaenglich und auch sonst rein gar nicht kinderfreundlich sind, waren wir als Jugendzentrum ausgewaehlt worden, eine >public viewing area< zu sein. Doch wie das hier oft so laeuft, lief mal wieder gar nichts „in time“. Und so hatten wir am 11. Juli zum Kick-off immer noch keinen Fernseher im Centre. Voellig gestresst und depressiv verbrachten wir den Vormittag hier und warteten auf Neuigkeiten. Um 10 Minuten vor 4 PM baten wir dann unser Management uns doch bitte zu entlassen und rannten dann wie wild los, um das Spiel nicht zu verpassen. Gluecklicherweise erbarmte sich ein vorbeifahrendes Auto unser und nahm uns mit zu Godfrey’s Pub, wo ich schon Silvester verbracht hatte. Sobald wir angekommen waren und endlich vor der grossen Leinwand sassen, hatten wir den Stress des Tages vergessen und fieberten mit Bafana Bafana. Ein nettes Spiel, sagen wir mal so.